Prof. Dr. Alois Oberhauser, Universität Freiburg-Kommunale Verschuldungspolitik in der Wirtschaftskrise

Veröffentlicht am 03.06.2009 in Ortsverein

Bericht von der Veranstaltung am Montag, den 25.Mai 2009 in Gundelfingen, Gasthaus Rößle.

Die weltweite Wirtschaftskrise hat bereits jetzt massive Auswirkungen auf die Finanzen der Gemeinden. In den kommenden Jahren wird es immer schwieriger werden, die kommunalen Aufgaben zu erfüllen oder auszuweiten. Die Gemeinden und Städte müssen aber weiterhin handlungsfähig bleiben. Wie sollen die Kommunen auf diese neue Herausforderung reagieren? Welche Mittel und Wege können ihnen die finanzielle Handlungssicherheit bewahren?

Aus diesem Anlass hatten die Gemeinderatsfraktion und der Ortsverein der SPD-Gundelfingen alle interessierten Bürgerinnen und Bürger am Montag, den 25.Mai zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung mit dem Freiburger Emeritus Prof. Dr. Alois Oberhauser eingeladen. Der ausgewiesene Finanzexperte sprach zum Thema „Kommunale Verschuldungspolitik in der Wirtschaftskrise“. Er verwies darauf, dass die jetzige Krise strukturell durchaus mit der großen Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre vergleichbar wäre. Um die heutige Krise zu lösen, bedürfe es dreier Grundannahmen. Zum einen müsse das Gebot der Stunde heißen, im gesamtwirtschaftlichen Rahmen zu denken. Zum anderen sollte bei Wirtschaftsfragen nicht in Geld, sondern in Gütern und Dienstleistungen gedacht werden. Drittens gehöre in einer solchen Situation die nachfrageorientierte Wirtschaftslehre John Maynard Keynes aufgegriffen.

Oberhauser führte aus, dass man in der jetzigen Situation einen Nachfragerückgang von 6% habe, was etwa 160 Milliarden Euro weniger an erbrachter Wirtschaftsleistung entspreche. Wolle man nicht auf die damit verbundenen Effekte, etwa in den Sozialkassen verzichten, müsse das Geld irgendwo herkommen – also Nachfrage erzeugt werden. Das gelänge aber nicht über starke Lohnerhöhungen, denn deren Kosten würden wieder auf die produzierten Waren oder Dienstleistungen aufgeschlagen. Hier sei der Staat gefragt. Steuersenkungen seien aber auch kein der Krise adäquates Mittel, da ihre Wirkung geringer sei als die Entlastung. Die zu erzielende Wirkung müsse aber größer sein als die eingesetzten Mittel. Ein solcher Effekt gelinge nur dann, wenn der Staat genau die Geldmenge als neue Schulden aufnehme, die fehle, also die genannten 160 Milliarden und dieses Geld dann flächendeckend investiert werde. Es sei kontraproduktiv, so Oberhauser, wenn untergeordnete Gebietskörperschaften, etwa einzelne Bundesländer oder Gemeinden, sich in dieser Situation nicht verschuldeten, sondern ihren Sparstrumpf anzögen, denn so torpedierten genau diese Länder oder Gemeinden die eigentlich gewünschten Nachfrageanreize. Außerdem sei genau das kein Denken im gesamtwirtschaftlichen Rahmen, weil hier nur der eigene Haushalt, nicht aber der bundesdeutsche Gesamthaushalt im Blickpunkt stehe. Der Freiburger Finanzexperte schloss seinen Vortrag mit dem Hinweis, seinem Vorschlag zur Lösung der Krise zu folgen verlange Überwindung, denn ein solcher Weg werde bisher nur von Wenigen vertreten.

In der anschließenden, vom Gemeinderat Jochen Kremp geleiteten Diskussion, verwies Oberhauser auf den Umstand, dass der wirtschaftliche Laie leider immer nur die Schulden sähe, nicht aber die Wirkungen. Zudem sei die Schuldentilgung nicht unbedingt der wichtigste Punkt, viel entscheidender wäre ein regelrechtes Verbot einer weiteren Schuldenaufnahme in guten Zeiten. Einig waren sich die Diskutanten, dass die Schuldentilgung von allen Gebietskörperschaften übernommen werden müsste. Oberhauser schlug dazu einen „Stabilitätsrat“ vor. Hier hätten sich alle Gebietskörperschaften zu beteiligen, notfalls müsse so etwas juristisch erzwungen werden.

Das Engagement aller, sowohl bei der Nachfragestimulierung, wie bei der späteren Tilgung als zwingende Notwendigkeit wurde beim Verweis auf die Gundelfinger Praxis deutlich. SPD-Fraktionschef Bruno Zimmermann verwies darauf, dass man erstens ganz klar die mit der Krise eingesetzte massive Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe kritisieren müsse. Zudem gebe das Land Baden-Württemberg nur 2/3 der Gelder aus den Konjunkturprogrammen weiter. Drittens arbeite Gundelfingen in Oberhausers Sinn deutlich antizyklisch und nutze etwa die aufgelegten Konjunkturprogramme im erheblichen Umfange. Es reiche aber gesamtwirtschaftlich nicht aus, wenn nur einzelne Gemeinden so verführen, so dass am Schluss der Veranstaltung noch einmal Oberhausers Diktum sowohl vom Denken in Gütern und Dienstleistungen, als auch von der gesamtwirtschaftlichen Verantwortung stand.

 

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